Gründung

Gründung und konstituierende Sitzung der IGKB waren im November 1959 in St. Gallen mit dem Ziel, dass sich die Anliegerstaaten "in gemeinsamen und koordinierten Anstrengungen" für die Reinhaltung des Bodensees einsetzen.

Das Übereinkommen über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigungen, beschlossen am 27. Oktober 1960 in Steckborn trat am am 10. November 1961 in Kraft.

Das Land Baden-Württemberg,
der Freistaat Bayern,
die Republik Österreich und
die Schweizerische Eidgenossenschaft

haben in dem Bestreben, durch gemeinsame Anstrengungen den Bodensee vor Verunreinigung zu schützen, beschlossen, ein Übereinkommen abzuschließen, und zu ihrem Bevollmächtigten ernannt:

Das Land Baden-Württemberg:
Ministerialrat Dr. Karl Kübler,
Innenministerium Baden-Württemberg,

der Freistaat Bayern:
Ministerialrat Peter Bußler,
Bayerische Staatskanzlei,

die Republik Österreich:
Ministerialrat Dr. Arpard Knapitsch,
Bundesministerium für Land- und Fortswirtschaft,

die Schweizerische Eidgenossenschaft:
Sektionschef Dr. Emanuel Diez,
Eidgenössisches Politisches Departement,
Regierungsrat Dr. Simon Frick,
Baudepartement des Kantons St. Gallen,
Regierungsrat Rudolf Schümperli,
Baudepartement des Kantons Thurgau,

welche, nachdem sie sich ihre Vollachten mitgeteilt und diese in guter und gehöriger Form befunden haben, folgendes vereinbart haben:

 Art. 1

(1) Die Anliegerstaaten des Bodensees, das Land Baden-Württemberg, der Freistaat Bayern, die Republik Österreich und die Schweizerische Eidgenossenschaft (Kantone St. Gallen und Thurgau), verpflichten sich zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gewässerschutzes für den Bodensee.

(2) Die Anliegerstaaten werden in ihrem Gebiet darauf hinwirken, dass der Bodensee vor weiterer Verunreinigung geschützt und seine Wasserbeschaffenheit nach Möglichkeit verbessert wird. Zu diesem Zweck werden sie die in ihrem Gebiet geltenden Gewässerschutzvorschriften für den Bodensee und seine Zuflüsse mit Nachdruck vollziehen.

(3) Die Anliegerstaaten werden insbesondere geplante Wassernutzungen, welche die Interessen eines anderen Anliegerstaates an der Reinhaltung des Bodensees beeinträchtigen können, einander zeitgerecht mitteilen und, außer bei Gefahr im Verzuge oder im Falle ausdrücklichen Einvernehmens, erst nach der gemeinsamen Erörterung ausführen lassen.

Art. 2

Als Bodensee im Sinne dieses Übereinkommens gelten der Obersee und der Untersee.

Art. 3

(1) Der Zusammenarbeit dient die von den Anliegerstaaten gebildete ständige Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (nachstehend Kommission genannt).

(2) In der Kommission ist jeder Anliegerstaat durch eine Delegation vertreten, der jeweils eine Stimme zukommt.

(3) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland kann zu den Sitzungen der Kommission Beobachter entsenden.

(4) Jede Delegation ist berechtigt, Sachverständige beizuziehen.

(5) Mit der Durchführung einzelner, genau bezeichneter Aufgaben kann auch die Kommission Sachverständige beauftragen.

Art. 4

a) Sie stellt den Zustand des Bodensees und die Ursachen seiner Verunreinigung fest.

b) Sie beobachtet laufend die Wasserbeschaffenheit des Bodensees.

c) Sie berät und empfiehlt den Anliegerstaaten Maßnahmen zur Behebung bestehender Missstände sowie zur Verhütung künftiger Verunreinigungen.

d) Sie erörtert geplante Maßnahmen eines Anliegerstaates im Sinne des Art. 1 Abs. 3.

e) Sie prüft die Möglichkeit und den etwaigen Inhalt einer Reinhalteordnung für den Bodensee, die gegebenenfalls den Gegenstand eines weiteren Abkommens der Anliegerstaaten bilden soll.

f) Sie behandelt sonstige Fragen, die die Reinhaltung des Bodensees berühren können.

Art. 5

(1) Beschlüsse der Kommission werden bei Anwesenheit aller Delegationen einstimmig gefasst. In Verfahrensfragen entscheidet die einfache Mehrheit.

(2) Der Einstimmigkeit steht nicht entgegen, wenn sich ein Anliegerstaat in Angelegenheiten, die ihn nicht betreffen, der Stimme enthält. Beschlüsse, die ausschließlich den Untersee betreffen, bedürfen nur der Stimmen der Delegationen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Landes Baden-Württemberg.

(3) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung; diese bedarf der Einstimmigkeit.

(4) Die Leiter der Delegationen verkehren miteinander unmittelbar.

Art. 6

(1) Die Anliegerstaaten verpflichten sich, die von der Kommission empfohlenen, ihr Gebiet betreffenden Gewässerschutzmaßnahmen sorgfältig zu erwägen und sie nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts nach besten Kräften durchzusetzen.

(2) Die Anliegerstaaten, in denen von der Kommission empfohlene Gewässerschutzmaßnahmen durchgeführt werden sollen, können im Einzelfall eine Empfehlung der Kommission als für sich verbindlich anerkennen und eine entsprechende Erklärung durch ihre Delegation abgeben.

Art. 7

Jeder Anliegerstaat trägt die Kosten seiner Delegation und seiner Sachverständigen. Sind Sachverständige im Auftrag der Kommission tätig, so werden die hierdurch entstehenden Kosten nach einem jeweils von der Kommission zu beschließenden Verhältnis auf die Anliegerstaaten aufgeteilt. Das gleiche gilt für Veröffentlichungen der Kommission.

Art. 8

(1) Internationale Abkommen über die Schifffahrt und die Fischerei bleiben unberührt.

(2) Die Kommission arbeitet auf ihrem Aufgabengebiet mit internationalen Einrichtungen für die Schifffahrt und die Fischerei und mit der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung zusammen.

Art. 9

(1) Das vorliegende Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich bei der Regierung des Landes Baden-Württemberg hinterlegt werden. Es tritt 30 Tage nach Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunden in Kraft.

(2) Das Übereinkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem Anliegerstaat mit einer Frist von sechs Monaten auf Jahresende gekündigt worden ist.

Zur Urkunde dessen haben die Bevollmächtigten der Anliegerstaaten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in vierfacher Ausfertigung in Steckborn (Kanton Thurgau) am 27. Oktober 1960.

 

Für das Land Baden-Württemberg
gez. Dr. Karl Kübler

Für den Freistaat Bayern
gez. Peter Bußler

Für die Republik Österreich
gez. Dr. Arpard Knapitsch

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft
gez. Dr. Emanuel Diez
gez. Dr. Simon Frick
gez. Dr. Rudolf Schümperli


“Es bestand einfach keine andere Wahl”

 

Interview mit IGKB-Gründungsmitglied Hans Gäßler (verstorben 2013)

Nachdem in den 1950er Jahren Experten erkannten, dass der Bodensee in Gefahr war, gründeten die Anrainerstaaten die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee. Hans Gäßler, ein Mann der ersten Stunde, erinnert sich.

Herr Gäßler, wann tauchte erstmals der Verdacht auf, dass die Wasserqualität des Sees schlechter wurde?

In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre hatte sich gezeigt, dass sich im Bodensee-Obersee – der bis dahin als gesundes nähstoffarmes Voralpengesässer galt – möglicherweise tiefgreifende biologische und chemische Veränderungen vollziehen. Diese ließen eine Verschlechterung der Wassergüte befürchten mit der Folge einer biologischen Wandlung zu einem nährstoffreichen Gewässer.

Was haben die Experten empfohlen?

Um der alarmierenden Entwicklung zu begegnen, erschien es notwendig, den Ausbau der Abwasseranlagen im Einzugsgebiet des Bodensees mit allen Mitteln zu beschleunigen. Schon damals hatte sich die Erkenntnis abgezeichnet, dass im Bodenseegebiet eine über die biologische Stufe hinausgehende Abwasserreinigung nötig sein würde und deshalb abwassertechnischen Zusammenschlüssen mehr als anderswo der Vorzug zu geben war.

Und das führte zur IGKB-Gründung?

Trotz der damals noch mäßigen Verschlechterung der Wassergüte war bald klar, dass man bei der Bodenseereinhaltung nur durch koordiniertes Vorgehen aller Staaten zum Ziel kommen kann. Dies hat dann 1959 zur Bildung der IGKB geführt.

  

Zum fünfzigsten Geburtstag gratulierten: Landesrat Karlheinz Rüdisser (Vorarlberg), Moderatorin Claudia Kleinert, Claudio Lardi (Graubünden), Dr. Stephan Müller (Bern),
Bischof Markus Büchel (St. Gallen), Staatssekrektärin Melanie Huml (Bayern), Regierungsrat Willi Haag (St. Gallen), Ministerialdirektor Bernhard Bauer (Baden-Württemberg),
Dr. Jakob Stark (Thurgau) (v.l.n.r.) Fotos: Regina Kühne

Wie hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geklappt?

Es ist heute noch erstaunlich, wie beispielsweise so umfangreiche Vorhaben wie die Zusammenfassung der Abwässer aus dem deutsch-schweizerischen Raum Konstanz/Kreuzlingen mit Einleitung in den Abfluss des Obersees bei den betreffenden Städten und Gemeinden ohne viel Wenn und Aber auf Zustimmung stieß und dann verwirklicht wurde.

Gab es denn keine Skepsis?

Im Anfangsstadium ging es durchaus um die Frage, ob es bei den damals recht vagen Erfolgsaussichten überhaupt nötig und angesichts der zu erwartenden Aufwendungen vertretbar wäre, in die „Sache“ all zu groß einzusteigen. Wissenschaftlich war nicht ausreichend geklärt, welcher sogenannte Minimumstoff die zunehmende Eutrophierung verursachte. Doch bald hat es sich als sicher erwiesen, dass dies der Phosphor war.

Warum wurde dann so viel Geld in die Abwasserreinigung investiert?

Die Meinungen in der Kommission waren zumindest geteilt. Dieses Stadium wurde jedoch ziemlich rasch überwunden, ohne das Miteinander in der Kommission zu beeinträchtigen. Es hatte sich die Einsicht durchgesetzt, dass zur Gründung der IGKB wie auch zum aufwendigen und teuren Ausbau der Abwasserreinigung einfach keine andere Wahl bestand.

   

Ministerialrat a.D. Hans Gäßler

 

Hans Gäßler wurde am 21. Oktober 1919 geboren. Seit 1958 arbeitete er als Diplomingenieur im Bereich Abwasserwesen und Gewässerschutz. Er war als baden-württembergischer Ministerialrat Mitglied in verschiedenen nationalen und internationalen Gremien, darunter der deutschen und internationalen Rheinschutzkommission. Als Gründungsmitglied, Delegierter und Sachverständiger der IGKB hatte er bis zur seiner Pensionierung im Jahre 1984 maßgeblichen Anteil an deren Erfolg.


Weitere Dokumente zur Gründung

Niederschrift der konstituierenden Sitzung am 5. und 6. November 1959 in St. Gallen

Zwischenstaatliche Besprechung vom 14. bis 16. Januar 1958 in Wien

Gründungsmitglied Hans Gäßler: Über die Entstehung der IGKB